Tansania

Tansania 
Die Reise führte in das Gebirge im Osten und in das Hochland der Republik Tansania in Ostafrika. Das Hauptziel war es, die Artenvielfalt von Amphibien und Reptilien in diesen Regionen aufzuzeigen und ein besseres Verständnis für die Arten zu bekommen, die diese komplexen Ökosysteme bewohnen. Einige der gefundenen Tiere wurden das erste Mal in ihrem natürlichen Lebensraum per Foto dokumentiert.
 

Im Lebensraum von Lygodactylus williamsi
Nachdem wir eine kurze Nacht in einem Strandhotel in der Hafenstadt Dar Es Salaam verbracht haben führte uns der Weg in die etwa 200 Kilometer westlich gelegene Bezirkshauptstadt Morogoro. Morogoro gehört zu den zehn größten Städten des Landes. Im südlicher Richtung der Stadt erhebt sich das Uluguru-Gebirge, in dem sich das erstes Ziel, der Kimboza Forest, einem Wald der Schutzstatus erhalten hat, befindet. Das Uluguru-Gebirge ist eines des wichtigsten Gebiete zur Erhaltung der biologischen Vielfalt in Afrika. In dieser Region befinden sich einige der ältesten Wälder Afrikas. Unser Ziel war, endlich mehr über die Lebensweise des seit ca. einem Jahr regelmäßig importierten „Juwelen“ unter den Geckos zu erfahren. Nachdem wir 50 km unbefestigte Pisten, vorbei an landwirtschaftlich genutzten Flächen, abgeholzten Bergrücken und viele Dörfer hinter uns gebracht hatten, erreichten wir endlich unser Ziel. Während der holperigen Fahrt sahen wir mehrere Paviane und einen Nilwaran (Varanus niloticus), der mitten auf der Straße saß und sich in aller Ruhe filmen ließ. Auf einer freien, mit Gras bewachsenen Fläche, schlugen wir unser Zeltlager auf.  Folgende Werte werden für diese Region genannt: von Juni bis Oktober gibt es eine Trockenzeit mit nur zehn bis 27 Millimeter Niederschlag; ab November steigen die Niederschlagsmengen wieder und erreichen im März und April mit bis zu 208 Millimetern ihre Höchstwerte. Die mittlere relative Luftfeuchtigkeit schwankt im Jahresverlauf zwischen 60 und 80 Prozent und die Temperaturen schwanken im Mittel zwischen 19 und 30°C. Das erste was uns auffiel, war die Trockenheit außerhalb des Waldes. Es war Ende der Trockenzeit und es hatte anscheinend noch nicht geregnet. Die Temperaturen, jetzt Anfang November, lagen am Tag zwischen 30 – 34 °C und nachts um 22 °C. Im Wald lag die Luftfeuchtigkeit bei ca. 70 Prozent. Das erste Reptil, dass wir zu sehen bekamen war ein Afrikanischer Hausgecko (Hemidactylus platycephalus). Diesen nachtaktiven Gecko, der etwa 18 cm Länge erreicht, konnten wir an Bäumen aber auch an Häusern außerhalb des Waldes finden. Gleich in der ersten Nacht machten wir mit Taschen- und Kopflampen bewaffnet weitere Entdeckungen. Wir fanden eine giftige grüne Baumschlange  (Thelotornis capensis mossambicanus), die gut getarnt hoch über unseren Köpfen im Gewirr der Pflanzen saß und wohl gerade auf der Jagd nach kleinen Geckos oder Chamäleons war. Sie ist eine der zahlreichen Nattern mit schwarzen Giftzähnen. Der bekannte deutsche Herpetologe Robert Mertens starb, nachdem er von einer grünen Baumschlange gebissen wurde, die er im Terrarium gehalten hatte. Das genügend Futter vorhanden war, bestätigte der Fund mehrer Zwergchamäleons (Rieppeleon brevicaudatus), die schlafend in Bodennähe auf dünnen Ästen in ca. 30 – 40 cm Höhe saßen. Eine schwarze Feilenschlange (Mehelya nyassae)  von ca. 60 cm Länge fanden wir an einem kleinen Wasserloch. Diese meist am Boden lebende Schlange ist ungiftig und ernährt sich ebenfalls von Reptilien und Fröschen. Wenn sich diese Schlangen bedroht fühlen, bewegen sie sich ruckartig und sondern eine übelriechende Substanz aus Drüsen am Schwanz ab. Der Höhepunkt dieser ersten Nacht war der Fund eines kleinen Chamäleons mit einem Nasenfortsatz (Kinyongia oxyrhina). Ein weiteres kleines Chamäleon, dass wir etwa 2,5 Meter über dem Boden auf einem dünnen Ast sitzend fanden, stellte sich später als Jungtier des Lappenchamäleons (Chamaeleo dilepis) heraus. Am nächsten Tag standen wir schon um 6.00 Uhr auf. Die Temperatur war mit 24 °C noch angenehm. Nach dem Frühstück machten wir uns auf die Suche nach weiteren Reptilien und natürlich nach dem hauptsächlichen Grund unseres Besuches, dem türkisblauen Taggecko. Am Waldrand fanden wir zunächst zwei andere Taggeckos der Gattung Lygodactylus, den in Tansania weit verbreiteten Gelbkopf-Taggecko (Lygodactylus luteopicturatus) und den endemischen Uluguru-Taggecko (Lygodactylus ulugurensis). Auf einem flachen Felsen sahen wir ein Paar der scheuen Berg-Agame (Agama montana). Das imposanteste Reptil dieser Region ist zweifellos das Lappenchamäleon (Chamäleo dilepis), von dem wir in der Nacht ja schon ein Jungtier gefunden hatten. Die Tiere, die wir hier fanden haben keinen „Fußwurzelsporn“. Dies könnte ein Hinweis darauf sein, dass die hier vorkommenden Tiere vielleicht Chamaeleo roperi sind, die normalerweise weiter nördlich vorkommen. Nachdem wir uns erst den Waldrand vorgenommen hatten, ging es nun tiefer in den Regenwald hinein. Nach langer Suche hatten wir plötzlich unser Ziel vor Augen. Mitten im Wald, auf einem sonnenbeschienenen Schraubenbaum (Pandanus rabaiensis), funkelte ein türkisfarbener Gecko auf einem dunkelgrünen Blatt. Der Pandanus-Baum entwickelt einen bis etwa 6 Meter hohen Stamm, auf dem eine weit ausladende Blätterkrone mit einem Durchmesser von etwa 5 bis 8 Metern sitzt. Er kann Stelzwurzeln ausbilden, mit denen er seine Standfestigkeit erhöht. Die schwertförmigen Blätter sind 90-150 cm lang und 5-7 cm breit. Die Blätter sind scharfkantig sowie am Rand mit Dornen bewehrt. Nun, da wir den ersten Gecko gefunden haben, fanden wir auf den weit im Wald verstreuten Schraubenbäumen immer mehr Tiere. Sie saßen meistens paarweise an einer Pflanze. Jungtiere konnten wir nicht finden. Die wunderschönen Männchen, der auch „Electric Blue Gecko“ genannten Art, fallen natürlich besonders auf. Die etwas unscheinbareren Weibchen sind metallisch grün gefärbt und fallen auf den dunkelgrünen Blättern nicht so auf. Die Tiere sind in den Vormittagsstunden bis ca. 10 Uhr sehr aktiv. Sie fressen kleinste Insekten aller Art. Sobald es zu heiß wird ziehen sie sich in den Schatten der Blattachseln zurück, in denen die Weibchen auch ihre Eier ablegen. Ich denke wir waren die Ersten, die diese „Juwelen“ in ihrem natürlichen Lebensraum ihre Lebensweise dokumentieren konnten. Die heiße Mittagszeit verbrachten wir, genau wie die Geckos, im Schatten. Gegen 15.00 Uhr brachen wir zu einer weiteren Exkursion auf. Durch einen Bach liefen wir ca. 3 – 4 Kilometer bergauf und erreichten eine freie Fläche mit einem herrlichen Blick auf das Uluguru-Gebirge. Hier oben befand sich eine kleine Kokosnuss-Plantage. Palmen sind immer interessant, weil sie vielen Reptilien Unterschlupf gewähren. Und tatsächlich sah ich hoch oben auf einem Palmenblatt einen Gelbkopf-Taggecko (Lygodactylus luteopicturatus). Auf einer anderen Palme sahen wir plötzlich einen anderen Taggecko, der aber völlig anders aussah. Wir waren uns ziemlich sicher, dass wir eine neue Lygodactylus-Art entdeckt hatten. Dieser gestreifte Taggecko stellte sich später als Lygodactylus grotei heraus. Auf dem Rückweg zog ich am Bach mal eben meinen Kescher durch das Wasser und fing viele kleine Garnelen und einen ca. 4 cm langen Wels. Auf dem Rückweg begrüßte uns, hoch in den Bäumen eine Gruppe der schönen schwarz-weißen Colobus-Affen. Zurück im Camp nahmen wir uns vor, in der Nacht noch mal den gleichen Weg zu gehen. Das taten wir dann auch und waren sehr erfolgreich. Wir fanden insgesamt 8 Zwergchamäeleons (Rieppeleon brevicaudatus), die erstaunlicherweise meisten paarweise auf einem Ast saßen. Am Bach flüchteten viele kleine Frösche, die noch bestimmt werden müssen. Auch viele Insekten z. B. Schnurfüßer waren im Dunkeln unterwegs. Auf dem Rückweg leuchteten uns, hoch in einem Baum, die großen Augen eines Buschbaby-Paares entgegen.

 
  
 
 
 
  
   
 
 
 
  
  
  
 
 
  
  



Gefahr durch verletzte Löwin
 
Die 2. Etappe führte in die Savanne des Mikumi-Nationalparks. Dieser Park grenzt an die nördliche Grenze von Afrikas größtem Wildreservat – dem Selous. Die weiten Horizonte und die enorm vielen wild lebenden Tiere des Mkata-Überschwemmungsgebietes, dem Herzstück des Mikumi, sind vergleichbar mit der Serengeti. Die Vegetation besteht aus Savannengrasland, durchsetzt mit Akazien, Baobabs, Tamarinden und einigen seltenen Palmen. Wir waren besonders an Geckos interessiert, die in einzeln stehenden Akazien und Baobabs leben. Dieser Lebensraum ist aufgrund der vielen Elefanten, Büffel und Löwen schwer zu erforschen. Es scheint, als ob fast jede Akazie in diesem Überschwemmungsgebiet von Gelbkopf-Zwerggeckos (Lygodactylus luteopicturatus) bewohnt ist. Die Männchen haben einen gelben Kopf – daher der Name – und einen gräulich/blauen Körper. Die Weibchen haben eine weniger auffällige Farbe. Genauere Beobachtungen dieser Geckos ergaben einen äußerst interessanten Fall von Trophobiose mit einer symbiotischen Beziehung zwischen einem Lebewesen, das Nahrung anbietet und einem zweiten Lebewesen, das diese Nahrung aufnimmt. Viele Geckos wurden in der Nähe oder direkt unter Riesenschildläusen gefunden. Diese Insekten sind dafür bekannt, Honigtau zu produzieren; eine klebrige, zuckrige Substanz, die sie absondern, wenn sie sich von Pflanzensaft ernähren. Honigtau ist besonders häufig das Sekret von Schildläusen und Zikaden und ist oft die Grundlage für Trophobiose. Nach der Verdauung des aufgenommenen Pflanzensafts in den Verdauungstrakt der Schildlaus, werden die Reststoffe als Honigtau ausgeschieden. Viele Insekten, wie z.B. Ameisen, Fliegen oder Schmetterlinge, sowie Nektar fressende Vögel fressen Honigtau, der auf Pflanzen oder andere Oberflächen gefallen ist. Einige Tiere jedoch nehmen die Honigtautröpfchen direkt von den Insekten auf. Dieses Verhalten ist unter Ameisen weit verbreitet. Man nimmt an, dass die Geckos so Nahrung aufnehmen und die Pflanzensaft fressenden Insekten im Gegenzug von den Geckos und Ameisen vor natürlichen Feinden geschützt werden. Die Beobachtungen im Mikumi sind die ersten Fälle von Trophobiose, der zwischen Reptilien und Insekten auf dem afrikanischen Kontinent dokumentiert wurde. Die Tatsache, dass Reptilien normalerweise Insekten jagen, macht dieses Verhalten noch außergewöhnlicher.  Weitere Reptilienarten waren weitaus spärlicher vertreten. Außer den Taggeckos waren hier nur Skinke (Mabuya vittata), Nachtgeckos (Hemidactylus spec.) und große Panzergrillen und Schnurfüßer zu finden. Dafür konnten wir jede Menge Großwild beobachten. Als wir an einem Tag von einer Fahrt durch die Savanne wiederkamen, erwartete uns eine Überraschung. Eine abgemagerte Löwin, die vermutlich bei einem Kampf oder durch eine Falle einen Unterschenkel verloren hatte, versuchte in unsere Unterkunft einzudringen. Da sie nicht mehr in der Lage war selber zu jagen, war sie natürlich eine Gefahr für uns. Wir hatten Mühe, sie mit Hilfe der Massai aus dem Camp zu verjagen. In der nächsten Nacht wurden wir von scharfen, hustenden Geräuschen geweckt. Mit unseren Taschenlampen leuchteten wir aus dem Fenster in die Richtung aus der die Geräusche kamen und sahen in die reflektierenden Augen einer kleinen Herde Impala-Antilopen. Nachdem wir zuerst glaubten, sie schauten uns an, mussten wir uns eines Besseren belehren lassen, denn die Warnrufe galten dem Leoparden, der mitten auf unserer Terrasse saß. Bevor wir die Kameras bereit hatten, war er in der Dunkelheit verschwunden. Diese beiden Ereignisse machten mich etwas nachdenklich, da ich die Angewohnheit habe in der Dunkelheit nach Reptilien, Amphibien und Insekten zu suchen.

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
  
 

 

Eine neue Chamäleon- Art
 
Die 3. Etappe waren die von Mikumi 540 Kilometer entfernten Poroto Mountains. Diese Berge sind vulkanischen Ursprungs und liegen ca. 100 Kilometer entfernt vom Malawi-See. Am Fuße dieser ca. 2000 Meter hohen Berge wollten wir unser Camp errichten. Die nur mit Mühe zu bewältigende Piste führte uns durch einen regelrechten Nebelwald, dessen Bäume mit Moosen und Flechten überzogen waren. Als wir eine Lichtung erreichten und die Zelte aufbauen wollten fielen plötzlich Tausende von Stechfliegen über uns her. Die Temperatur lag hier gegen Mittag bei 22° Celsius. Es gab hier viele seltene Orchideen und wilde Bananen, deren riesige Blüten blutrot leuchteten. Ein steiler Pfad führte uns durch dichten Regenwald zum 2.200 Meter hoch gelegenen Ngozi-Kratersee, in dem den Einheimischen zufolge ein riesiges Monster hausen sollte. Das erste Reptil, das wir fanden war ein kleines endemisches Zwerchamäleon (Rhampholeon nchisiensis). Diese kleinen ca. 6 cm großen Chamäleons sind perfekt darin, ein abgefallenes Laubblatt zu imitieren und es ist sehr schwer sie überhaupt erst einmal zu sehen. Sie halten sich im unteren Bereich des Regenwaldes auf und ernähren sich von kleinsten Insekten. Zurück im Camp fing es an zu regnen und die Temperatur sank auf 19° Celsius bei 90% Luftfeuchtigkeit. In der Umgebung des Camps fanden wir endlich ein Paar des Ukinga-Chamäleons (Chamäleo incornutus). Diese hornlosen Chamäleons werden etwa 18 cm groß und sind in der Lage ihre Ohrlappen abzuklappen. Es ist sehr wenig über diese Art bekannt und wir waren sehr glücklich, dass wir sie gefunden hatten. Die Nacht war sehr ungemütlich. Die Temperatur betrug um 6.00 Uhr 9,2° Celsius bei 92% Luchtfeuchtigkeit.  Am nächsten Tag fanden wir nach einer weiteren mehrstündigen Kletterei fanden wir endlich das Poroto-Dreihornchamäleon (Chamäleo fuelleborni). Diese Art wird ca. 22 cm lang. Während die männlichen Tiere 3 Hörner besitzen, tragen die Weibchen nur ein einzelnes Schnauzenhorn. Die Begeisterung kannte keine Grenzen, als ein Teammitglied freudestrahlend ein ca. 12-15 cm langen völlig unbekannten Chamäleon der Gattung Kinyongia brachte. Diese völlig neue Art scheint mit dem Kinyongia oxyrhinum aus den Ulunguru- und den Udzungwa-Bergen und mit dem Kinyongia tenue aus den Usambara-Bergen verwandt zu sein. Es unterscheidet sich von Kinyongia oxyrhinum durch ein kleineres Schnauzenhorn, den höheren Helm und durch die größeren Schuppen am Kopf (die Art wurde später neu als Kinyongia vanheygeni beschrieben).  Die weitere Suche ergab noch einen großen, schön gefärbten Baumsteigerfrosch (Leptopelis vermiculatus). Bei der nächtlichen Exkursion fanden wir noch mehrere Zwergchamäleons. Interessant war der Fund eines Baby-Zwergchamäleons (Rhampholeon nchisiensis), das gekrümmt wie ein kleiner Wurm in 1,5 Höhe unter einem Blatt saß. Da der Malawi-See nur 100 Kilometer entfernt lag, entschlossen wir uns einen Abstecher zu machen. Dies misslang beinahe, weil unser Fahrer beim Versuch durch einen Graben zu fahren, fast unser Fahrzeug umkippte. Nach dem wir den Wagen mit Hilfe einiger Eingeborener wieder flott gemacht hatten erreichten wir endlich den See. Er erschien uns riesig. Es gab einen wunderschönen Sandstrand und wir fühlten uns wie an einer Meeresküste. Meinen Plan, hier ein paar Cichliden mit dem Handkescher zu fangen musste ich schnell wieder aufgeben. Da wir außer einem kleinen Skink (Mabuya spec.) keine weiteren Reptilien finden konnten, nutzten wir die Zeit, um uns im 28 ° Celsius warmen Wasser zu erfrischen. Da es in den uns umgebenden Livingstone-Mountains anfing zu blitzen und zu donnern, machten wir uns auf den Rückweg nach Tukuyu, wo wir die Nacht in einem kleinen Hotel verbrachten, um am folgenden Tag die nächste Etappe in Angriff zu nehmen. Im Garten des Hotel konnten wir an den Bäumen noch den Kapzwergtaggecko (Lygodactylus capensis) fotografieren. Diese Art ist wohl die am weitesten verbreitete Art der Gattung.

 
 
 
  
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
  
 



Zum Malawi-See und zurück

Am frühen Morgen wurden die Wagen wieder beladen und es ging auf zum Malawi-See, um dort nach Chamäleons und Taggeckos zu suchen. Die Straße zu diesem See ist eine Herausforderung und nur wenig wild lebende Tiere sind hier zu sehen. Der natürliche Lebensraum in dieser Region ist komplett aus dem Gleichgewicht gebracht. Die einzige Vegetation, die hier zu finden ist, sind Kulturpflanzen und Fruchtbäume, die in vielen Gärten am Rande dieser Schotterstraße stehen. Mit dem mächtigen Livingston-Gebirge als Kulisse ist der See überwältigend. Es ist der drittgrößte See Afrikas; 550 km lang, 75 km breit und an einigen Stellen ist er bis zu 700 Meter tief. Biologisch gesehen ist der See ungemein abwechslungsreich. In ihm kommen ungefähr 30 % der weltweit bekannten Cichliden-Arten vor – der ideale Ort, um einige Welse zu dem sonst eher kargen Mahl dazu zu bekommen. Auf dem Weg zurück wurden einige Stichproben aus dem Kiwira-Fluss genommen; aber ohne Erfolg. In einem kargen Baum am Flussufer konnten wir jedoch einen mattgräulichen Gecko finden. Es war Lygodactylus capensis; wahrscheinlich die am weitesten verbreitete Art in dieser Gattung. Dieser Tag-Gecko kommt im östlichen und südlichen Afrika vor; von kurz hinter dem Äquator bis hin zur nördlichen Kap-Provinz in Südafrika.

 
 
 
 
 
  



In die trockene Savanne des Ruaha-Nationalparks
 
Die 4. Etappe führte uns in den im Westen Tansanias gelegenen Ruaha-Nationalpark. Er ist der größte Nationalpark Tansanias. Diese raue und wilde Schönheit am Great Ruaha River zieht weitaus weniger Besucher an als die nördlichen Parks. Den südlicheren Teil, den wir besuchten, liegt in einem durchschnittlich 900 Meter hohen Zweig des Ruaha Rift Valley. Die Grabenbruchstufe hinunter fallen große Bachläufe – vor allem in den Regenmonaten - , die sich in Tausenden von Jahren ihre Bahnen in das Gestein geschliffen haben. In diesem sehr trockenen Gebiet fallen selten mehr als 500 Millimeter Niederschlag im Jahr. Nach einer 11 Stunden dauernden Fahrt auf schlechten Straßen und staubigen, holperigen Pisten, erreichten wir das Tandala Camp, das aus mehreren großen Zelten besteht, die auf hohen Plattformen stehen. Eine große Elefantenherde hielt sich nur ca. 50 Meter vom Camp entfernt an einem Wasserloch auf. Es wurde bereits dunkel und das erste für uns interessante Tier war eine Rote Kröte (Schismaderma carens), die uns fast über die Füße hüpfte. Diese ungewöhnliche Kröte hat eine viel glattere Hautstruktur als andere Kröten und kann bis 10 cm groß werden. Nach Einbruch der Dunkelheit kamen noch viel mehr Tiere zum Vorschein. Das Camp war Lebensraum für viele Nachtgeckos (Hemidactylus spec.), kleine Laubfrösche (Chiromantis xerampelina) und große Grillen. In der Toilette fanden wir Fledermäuse und unter den offenen Dächern machten sich Flughunde zu ihren nächtlichen Flügen bereit. Am nächsten Morgen gestaltete es sich ein bisschen schwierig, den Frühstückstisch zu erreichen. Einige Mitglieder konnten ihr Zelt nicht verlassen, weil ein Löwenrudel davor rastete. Außerdem befand sich eine Elefantengruppe mitten im Camp, die erst von den Massai-Wächtern verjagt werden musste. Wir mussten weiter um die mitten im Park gelegene Ruaha River Lodge zu erreichen. Hier wollten wir 2 Tage verbringen. Neben den extrem vielen Löwenrudeln machte es eine große Elefantenpopulation schwierig und gefährlich, die niedrigen Büsche und das Dickicht nach Reptilien abzusuchen. Einmal geriet ich beim Fotografieren eines Krokodils in Gefahr, weil ich eine Elefantenherde nicht bemerkte, die sich in meinem Rücken angenähert hatte und mir beinahe den Rückweg abschnitt. Die Leitkuh rannte schon auf mich los, da warnte mich ein Teammitglied durch einen lauten Ruf. Überall auf den Felsen saßen herrlich gefärbte Agamen-Männchen (Agama lionotus dodomae) inmitten einer großen Anzahl an unscheinbaren Weibchen. Es war offensichtlich der Höhepunkt der Paarungszeit, da die Männchen ihre auffälligsten Farben zeigten.  Auch der Regenbogen-Skink (Trachylepis margaritifera) war zahlreich vertreten. Die Weibchen dieser Art können leicht mit Trachylepis quinquetaeniata verwechselt werden.  Ein Lappenchamäleon (Chamäleon dilepis dilepis) lief uns über den Weg. Die Grundfarbe dieser hier vorkommenden Unterart  ist in der Regel Grün, aber die Tiere können auch andere Farben wie Gelb, Schwarz, Orange oder Braun haben. Das Chamaeleo dilepis dilepis ist die größte Art im „Dilepis“-Komplex und die Männchen besitzen einen klar ausgeprägten Fußwurzelfortsatz. Es ist sehr wahrscheinlich, dass weitere taxonomische Varianten in diesem Komplex vorkommen.  Ein in dieser Region seltener zu findendes Reptil ist die Panther-Schildkröte (Psammobates pardalis pardalis). Neben den Löwen und Elefanten drängten sich jetzt in der Trockenzeit viel Großwild wie Impalas, Kudus, Wasserböcke, Giraffen an den wenigen Wasserstellen zusammen. In den wenigen Pfützen versammelten sich außerdem Krokodile und Flusspferde.

 
 
 
 
 
  
 

 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
 
  
 

 

Lebensgefahr durch den Stich eines gefährliche Skorpions
 
Die letzte Etappe unserer Expedition führte in den Udzungwa Mountains Nationalpark. In diesem Nationalpark befindet sich einer der letzten großen Bergregenwälder in diesem Teil Afrikas. Der Bergregenwald, der im Süden bis auf 2000 Meter ansteigt, beherbergt eine Vielzahl an endemischen Pflanzen und Tieren und darf nur mit einem Führer betreten werden. Es dauerte schweißtreibende dreieinhalb Stunden, bis wir auf einem steilen Pfad den „Campingplatz“ am Sanje-Wasserfall erreichten. Die Anstrengung hatte sich gelohnt. Dieser Ort erwies sich als herrliches Stück Natur. Die zwölf Träger, die unser Equipment hier heraufgetragen hatten, waren schon dabei die Zelte und die Feldküche aufzubauen. Wir nutzten das kalte Wasser des Baches zu einem erfrischenden Bad. Wir waren sehr überrascht, als wir mehrere Usambara-Dreihornchamäleon (Chamaeleo deremensis) fanden. Diese gut 35 cm groß werdende Art kommt eigentlich in anderen Massiven der Eastern Arc Mountains vor und konnte nun von uns zum ersten Mal auch hier in den Udzungwa Mountains zwischen 300 und 700 Metern Höhe nachgewiesen werden. Die männlichen Chamaeleo deremensis verfügen über drei große aus Ringen bestehende Hörner, die im Verhältnis zu der Größe des Chamäleons und den anderen Dreihorn-Chamäleonarten relativ klein sind. Das Chamaeleo deremensis unterscheidet sich von Chamaeleo werneri, das in den höheren Regionen der Udzungwa Berge vorkommt, durch seine Körpergröße und den hohen Rückenkamm. Das Weibchen hat gar kein Horn. Auch die Knospenschuppen der Hörner, wie sie bei anderen Dreihornchamäleons zu sehen sind, sind nicht vorhanden.  Ich versuchte mit dem Handnetz ein paar Wassertiere zu erbeuten, fing aber nur einen kleinen Wels und ein paar Kaulquappen. Am Abend fanden wir noch ein paar Zwergchamäleons (Rieppeleon brevicaudatus), mehrere Waldgeckos (Cnemaspis barbouri), viele Waldsteigerfrösche (Leptopelis ulugurensis) und eine Vielzahl an Insekten. Am nächsten Tag führte uns ein kurzer Weg am Bach entlang zu einem zweiten Wasserfall. An der steilen Felswand neben dem Wasserfall wuchsen Usambara-Veilchen. Ich kletterte einen Pfad hinauf, um sie fotografieren. Da die Pflanze ein paar welke Blätter hatte wollte ich diese entfernen. Da passierte es. Ich fühlte einen kurzen brennenden Einstich am Zeigefinger der linken Hand und sah etwas kleines braunes Tier weglaufen. Sekunden später fingen meine Knie an zu zittern und ein ungeheurer Schmerz setzte ein. Das Zittern der Knie war schnell wieder vorbei aber die durchdringenden Schmerzen hielten an. Da ich nicht wusste, welches Tier da gestochen hatte, versuchte ich es zu finden. In einer Felsspalte neben der Pflanze fand ich einen kleinen Skorpion, der sich später als Roter Skorpion (Babycurus jacksoni) herausstellt, einen der giftigsten Skorpione Tansanias. Da ich das zu diesem Zeitpunkt noch nicht wusste und diesen kleinen Unfall mit Gelassenheit hinnahm, setzten wir unsere Wanderung zu einem der nächsten Wasserfälle fort. Da ja nur meine linke Hand betroffen war und ich mit der Rechten noch fotografieren konnte, war ich noch guten Mutes. Mittlerweile waren die Schmerzen unerträglich und die gesamte linke Hand taub, die Hautoberfläche aber so berührungsempfindlich, dass ich noch nicht einmal ins Wasser fassen konnte. Wir machten uns auf den Rückweg ins Camp. Die Einheimischen waren sich nicht ganz sicher über die Wirkung des Giftes. Nach 6 Stunden war mein linker Arm bis zum Ellenbogen taub und schmerzte. Nach 12 Stunden anhaltender starker Schmerzen ließ die Giftwirkung langsam nach. Bevor ich etwas erleichtert ins Bett ging, fing ich an einem großen Baum, der neben meinem Zelt stand noch einen dreimal so großen Skorpion der gleichen Art. Am folgenden Abreisetag war von den Folgen des Stichs nichts mehr zu spüren. Kurz vor der Rückkehr aus den Bergen überquerte eine Glattrand-Gelenkschildkröte (Kinixys belliana) den weg vor uns. Die Gattung Kinixys ist in der Schildkrötenwelt auf Grund ihres Scharnierpanzers einzigartig. Das Scharnier ermöglicht es der Schildkröte, den hinteren Teil des Panzers herunterzuklappen, um sich vor Fressfeinden zu schützen.

 
 
 
  
 
 
 
  
 
  
 
 
 
 
 
  
  
 
 
 

 
Das Team konnte auf eine sehr erfolgreiche Expedition zurückblicken. Erneut und nun schon zum dritten Mal wurde eine neue Art entdeckt. Viele Tiere wurden zum ersten Mal in ihrer natürlichen Umgebung fotografiert. Dieses gewährt einzigartige Einblicke in ihre Ökologie und ihr Verhalten. Die Reise wird sicher zu einem besseren Verständnis für Tansanias bemerkenswerte und spektakuläre Herpetofauna beitragen.