Care-Sheet Gottesanbeterinnen (Mantodea)

Dieses Care-Sheet dient zur ersten und allgemeinen Orientierung über diese Tiere und ist keineswegs als alleinige Information für alle Arten zu verwenden.
 
Systematik: Die Ordnung der Gottesanbeterinnen oder auch Fangschrecken weisen ein enges Verwandschaftsverhältnis zu den Schaben auf. Des Weiteren werden sie in die Überklasse der Sechsfüßer (Hexapoda), die Klasse der Insekten (Insecta), die Unterklasse der Fluginsekten (Pterygota) und die Überordnung der Neuflügler (Neoptera) gestellt. Es werden, je nach Quelle, 8 bis 15 Familien mit ungefähr 2300 Arten beschrieben.
Verbreitung: Gottesanbeterinnen weisen eine weltweite Verbreitung auf und man findet sie mit Ausnahme der Antarktis auf allen Kontinenten. Die größte Vielfalt lässt sich aber in tropischen und subtropischen Gebieten finden. Gottesanbeterinnen haben vielfältige Biotope erschlossen und sich durch die Anpassung ihres Körperbaus (Mimese) an die unterschiedlichsten Lebensräume angepasst.
Lebenserwartung: Die Lebenserwartung von Gottesanbeterinnen beträgt weniger als ein Jahr. Männchen werden meist nur 3-4 Monate alt, wohingegen die Weibchen vieler Arten 6-9 Monate leben können.
Charakteristisches Aussehen: Der Körper der Gottesanbeterinnen ist in der Regel langgestreckt und in tarnenden Farben wir grün und braun gehalten. Die beiden Flügelpaare sind in Ruhe flach auf dem Rücken zusammengelegt. Der Kopf der Tiere ist dreieckig und deutlich vom Körper abgesetzt. Die halbmondförmigen Facetten-Augen an den Kopfseiten sind gut erkennbar. Der Prothorax (Bruststück) der  Tiere ist verlängert und daran befindet sich das umgewandelte 1. Beinpaar, welches nun als Fangbein dient, welches oftmals mit Widerhaken ausgestattet ist.
Körpergröße: Die Körpergröße der Gottesanbeterinnen ist stark artabhängig. Die kleinsten Vertreter werden gerade mal ungefähr einen Zentimeter (Mantoida tenuis) groß während die größten Vertreter wie Sphodromantis bis zu 20 Zentimetern Körpergröße aufweisen können.
Aktivitätsphase: Die meisten Fangschrecken sind tagaktiv, weswegen sie auch interessante Terrarienpfleglinge sind. Die sollten bei einem 12:12 Stunden Verhältnis von Tag und Nacht gehalten werden.
Nahrung: Gottesanbeterinnen sind räuberisch und perfekte Lauerjäger, die sich überwiegend von Insekten ernähren. Größere Vertreter wie Sphodromantis erbeuten durchaus auch Wirbeltiere wie kleine Vögel und Reptilien. Einige Arten (Gongylus) haben sich auf Fluginsekten spezialisiert und verschmähen Heimchen und Grillen. Die Futtertiere sollten der Körpergröße der Tiere angepasst sein. Nach dem Schlupf bietet man Erbsenblattläuse oder kleine Fruchtfliegen. Mit weiterem Wachstum kann man Grillen, kleine Heuschrecken und Schaben bieten. Ausgewachsene Tiere großer Arten lassen sich später auch mit Heuschrecken und größeren Schaben ernähren. Eine Fütterung sollte unterbleiben, wenn bei den Gottesanbeterinnen Häutungen anstehen, da die Tiere sonst den Futtertieren zum Opfer fallen können. Auch sollte eine Überfütterung der Tiere vermieden werden. 
Fortpflanzung und Aufzucht: Männliche Tiere weisen eine schnellere Entwicklung als die weiblichen Tiere auf, ihre Reifehäutung erfolgt nach der 7.-9. Häutung, die Weibchen benötigen eine Häutung mehr. Nach der Reifehäutung sollte man noch 2 Wochen warten, bis eine Verpaarung angesetzt wird. Paarungen bei Gottesanbeterinnen sind meist heikel und sollten unter Beobachtung ausgeführt werden. Die Männchen versuchen dabei, auf das Weibchen zu springen – ohne dabei gefressen zu werden. Die Wahrscheinlichkeit kann man reduzieren, indem man die Weibchen vor der anstehenden Paarung füttert. Dennoch sollten die Terrarien ausreichend dimensioniert sein, so dass die Männchen gegebenenfalls noch fliehen können. Nach erfolgreicher Paarung und bei guter Fütterung kann die erste Oothek schon nach wenigen Tagen abgesetzt werden, weitere Ootheken können folgen. Fünf bis sechs Wochen nach dem Absetzen der Oothek schlüpfen meist die ersten Larven, die während der weiteren Entwicklung einen hemimetabolen Prozess durchlaufen, was bedeutet, dass die Jungtiere den Adulti im Aussehen gleichen.
Terrarium und Haltungsbedingungen: Die Haltung von Gottesanbeterinnen ist in der Regel ein wenig komplizierter als die Haltung vieler anderer Wirbelloser, da einzelne Arten oft sehr spezielle Anforderungen an Temperatur, Luftfeuchtigkeit und Fütterung stellen. Gottesanbeterinnen hält man am besten in Glasterrarien oder Plastikdosen mit den entsprechenden Maßen (z.B. 20x20x30 cm LBH). In solchen Becken lassen sich auch mehrere Larven gleichzeitig aufziehen, solange diese ausreichend Abstand zueinander wahren können (i.d.R. 2-3 Körperlängen). Feine Kletteräste oder Holzwolle zur Oberflächenvergrößerung und Sand als Bodengrund vervollständigen die Einrichtung eines Aufzuchtbeckens. Die Abdeckung der Hälterungsboxen sollte am besten aus Kunststoffgaze beschaffen sein, da Metallgaze die Tarsen der Insekten beschädigen können. Bei der weiteren Einrichtung ist darauf zu achten, dass sich die Tiere für die anstehenden Häutungen so platzieren können, dass sie an keine Einrichtungsgegenstände anstoßen, da sonst Fehlwuchs und Verkrüppelungen auftreten können. Mit zunehmendem Größenwachstum sind die Tiere zu vereinzeln, da Kannibalismus vorkommt. Zudem ist die Behältergröße der Endgröße der Tiere anzupassen. Als Beleuchtung ist für die meisten Arten normales Tageslicht in den Zimmern ausreichend, für Steppentiere ist eine zusätzliche Lichtquelle mit Tageslichtspektrum oder ein Platzieren der Terrarien in Sonnenlicht (Vorsicht vor Überhitzung in der prallen Sonne) zu überlegen. Die Temperatur sollte im Bereich von 25-30°C liegen, einige Arten wie die kleine Teufelsblume (Blepharopsis mendica) oder Gongylus gongyloides brauchen aber Temperaturen im Bereich von 30-40°C. Eine nächtliche Temperaturabsenkung ist anzuraten, allerdings sollten die Temperaturen nicht unter 18°C fallen. Die Luftfeuchtigkeit hängt vom Habitat der Art ab. Manche Arten brauchen mehrmaliges Übersprühen der Terrarien und darauffolgendes, schnelles Abtrocknen der Becken, während andere Arten eine gleichbleibende hohe Luftfeuchtigkeit benötigen. Durch entsprechende Substrate wie Moos, Torf oder auch Vermiculit kann eine gleichbleibende Luftfeuchtigkeit gewährt werden.  Da viele Gottesanbeterinnen ein hohes Feuchtigkeitsbedürfnis haben, sollte entweder täglich gesprüht werden oder den Tieren eine Wasserschale zur Verfügung gestellt werden.
Autoren: Dr. rer. nat. Martin Singheiser, Martin Höhle
 
Quellen und weitere Literaturempfehlungen:
Engelmann, Wolf-Eberhardt & Lange, Jürgen: Wirbellose – Zootierhaltung in Menschlicher Obhut, Verlag Harri Deutsch, ISBN: 978-3817116843
Hessler, Claudia; Bischoff, Ingrid & Rudolf: PraxisRatgeber Mantiden, Eidtion Chimaira, ISBN 978-3-930612-45-1
Westheide, Wilfried & Rieger, Gunde: Spezielle Zoologie. Teil 1: Einzeller und Wirbellose Tiere, Springer Spektrum Verlag, 3. Auflage, ISBN 978-3-642-34695-8
 
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