Care-Sheet Riesenkäfer (Dynastinae)

Dieses Care-Sheet dient zur ersten und allgemeinen Orientierung über diese Tiere und ist keineswegs als alleinige Information für alle Arten zu verwenden.
Systematik: Die Unterfamilie der Riesenkäfer (Dynastinae) wird in die Überfamilie der Scarabaeoidea (Blatthornkäfer) gestellt, welche wiederum der Ordnung der Käfer (Coleoptera) zugeordnet wird. Systematisch werden momentan 225 Gattungen geführt in welche ungefähr 1500 Arten eingestellt sind.
Verbreitung: Riesenkäfer findet man einerseits auf dem Mittel- und Südamerikanischen Kontinent wobei sich die nördlichste Ausbreitung einiger Arten bis in den Süden der USA erstrecken kann. Andererseits lassen sich Vertreter der Riesenkäfer auch in Südasien und Afrika finden. Der in Europa lebende Nashornkäfer Oryctes nasicornis gehört ebenfalls zu den Riesenkäfern.
Lebenserwartung: Die Lebenserwartung von Riesenkäfern reicht von mehreren Monaten bis maximal 2 Jahre, die Generationsdauer in der Zucht liegt im vergleichbaren Bereich. Unter Freilandbedingungen kann die Generationsdauer auch drei Jahre oder länger betragen.
Charakteristisches Aussehen: Die Körperfarbe besteht, wie bei den Hirschkäfern, meist aus gedeckten Farbtönen, welche in der Regel von schwarz über (kastanien)braun/rötliche bis ins gelbliche übergehen kann. Riesenkäfer verfügen über einen ausgeprägten Sexualdimorphismus: Bei den Männchen finden sich große Hörner oder geweihartige Strukturen, mit denen sie ihre Revierstreitigkeiten mit anderen Männchen auskämpfen. Männchen sind zudem meist größer als Weibchen. Die Oberfläche der Flügel ist bei Weibchen oft samtartig, wohingegen die Flügel der Männchen oft glänzende oder schimmernde Flügeldecken aufweisen.
Körpergröße: Die Körpergröße der Riesenkäfer reicht von wenigen Zentimetern bei kleineren Arten (z.B. Dynastes tityus, 4-6 cm) bis hin zu 22 Zentimetern langen Exemplaren (inklusive Horn) des Herkuleskäfers (Dynastes hercules).
Aktivitätsphase: Riesenkäfer sind dämmerungs- und nachtaktiv.
Nahrung: Adulte Riesenkäfer können abwechslungsreich ernährt werden: Neben reifem Obst werden in der Natur auch süße Pflanzensäfte aufgenommen. Am einfachsten und sichersten lassen sich die Tiere jedoch mit sogenannten Beetle-Jellies ernähren welche über alle Nährstoffe und Proteine verfügen und bis zu einer Woche im Terrarium verbleiben können ohne zu schimmeln oder gar Fruchtfliegen anzulocken. Dieser Vorteil ist gegenüber der herkömmlichen Fütterung nicht zu vernachlässigen. Profis arbeiten fast ausschließlich mit Jellies
Fortpflanzung und Aufzucht: Nach erfolgreicher Paarung vergraben sich die weiblichen Riesenkäfer im Bodensubstrat um dort im verdichteten Bodengrund die Eier abzulegen. Diese sind direkt nach der Ablage noch relativ klein, nehmen aber in den darauf folgenden Wochen stetig an Größe und Volumen zu, bis artabhängig in der Regel nach 2-4 Wochen, die Larven aus den Eiern schlüpfen. Wichtig ist, die Eier nicht sofort nach der Ablage aus dem Terrarium oder dem separaten Legebehälter der Weibchen zu entnehmen, sondern einige Wochen bis nach dem Schlupf der Larven zu warten, bis deren Larvenhaut ein wenig stabiler geworden ist, so dass die Larven ein vorsichtiges Handtieren mit Fingern oder Federstahlpinzetten unversehrt überstehen. Wie bei allen Käfern durchlaufen die Larven drei Larvenstadien (L1-L3) während denen die Larven massiv an Größe und Gewicht zunehmen. Während des L1-Stadiums kann man die Larven noch zusammen groß ziehen, in der weiteren Entwicklung sollte man die Larven dann aber. Für eine gute Aufzucht lassen sich alle möglichen Behältnisse aus Kunststoff verwenden, sofern diese genügend Bissfest sind. Auf eine ausreichende Belüftung ist zu achten. Als Zuchtsubstrat für die Larven eignet sich eine Mischung aus Beetlefix 1 & 2 welche mehrere Zentimeter hoch sein sollten. Wichtig ist, dass diese Mischung aus fermentiertem Laub und weißfaulem Hartholz möglichst fein zerkleinert ist, da diese feinkörnige Struktur den Larven das Aufschließen der Nahrung erleichtert. Zudem sollte das Substrat eine gewisse Feuchtigkeit haben, da der Flüssigkeitsbedarf der Larven über das Substrat gedeckt wird. Nimmt man ein wenig dieser Substratmischung in die Hand und drückt diese zusammen, so sollte bei einer optimalen Feuchtigkeit kein Wasser aus dem Substrat austreten, jedoch eine leichte Feuchte spürbar sein. Gegebenenfalls kann man zu trockenes Substrat durch Besprühen befeuchten oder bei zu nassem Substrat trockenes nachlegen. In regelmäßigen Abständen sollte man ebenfalls verbrauchtes Substrat ersetzen, damit die Larven in der Wachstumsphase genügend Nahrung aufnehmen können. Sobald sich zu viele Kotpellets im Aufzuchtgefäß ansammeln, sollten diese ausgesiebt, und der Behälter mit ausreichend neuem Bodengrund aufgefüllt werden. Herrscht während der Entwicklungsphase der Larven Nahrungsmangel, kann sich dies in verzögerten Entwicklungszeiten und/oder kleinen und verkümmerten Käfern am Ende der Metamorphose äußern. Die optimale Zeitungstemperatur für die Larven während der gesamten Entwicklung sollte im Bereich von 18 - 22°C liegen. Sind die Larven optimal ernährt worden, werden sie gegen Ende der L3-Phase das Fressen einstellen und sich auf die Metamorphose vorbereiten. Hierzu bauen sie einen Kokon – ist dieser Zeitpunkt erreicht, sollte man darauf achten, dass das nun gereichte Substrat wiederum möglichst feinkörnig ist und nicht all zu nass ist. Haben die Tiere ihren Kokon gebaut, dauert es meist rund einen Monat bis die Häutung zur Puppe erfolgt. In dieser Phase sollten die Tiere nicht gestört werden, da nun der Umbau von der Larve zum fertigen Käfer erfolgt. Diese Phase ist temperaturabhängig und in der Regel ist die Entwicklung nach vier bis 10 Wochen abgeschlossen. Meist verbleiben die Käfer noch einige Zeit im Kokon bis ihr Panzer vollständig ausgehärtet ist. Ist dieser Zustand erreicht, wird sich der Käfer aus dem Kokon befreien, um an die Oberfläche zu gelangen, wo der neue Lebensabschnitt beginnt.
Terrarium und Haltungsbedingungen: Die Terrarien für Riesenkäfer sollten der Endgröße der adulten Tiere gerecht werden. Für kleinere Arten reichen in der Regel Hälterungsbecken von 30 Zentimetern Kantenlänge aus, wohingegen größere Vertreter geräumigere Hälterungsbecken von 50 cm Länge und über 50 cm Höhe bei einer Tiefe von ebenfalls 50 cm benötigen. Hierfür eignen sich durchaus Plastikboxen aus dem Baumarkt, welche mit wenigen Lüftungslöchern versehen werden, damit ein Luftaustausch möglich ist. Aber auch Terrarien oder Aquarien mit Abdeckung aus dem Fachhandel sind für die Haltung von Riesenkäfern geeignet. Wichtig ist, dass das Bodensubstrat mehrere Zentimeter hoch eingefüllt werden kann (15 – 30 cm). Die hohe Füllhöhe ist für die Eiablage der Weibchen essentiell. Bei den meisten kommerziellen Terrarien ist eine solch hohe Bodenwanne nicht gegeben, lassen sich aber bei vielen Terrarienbauern auf Wunsch anfertigen. Alternativ kann eine Glasscheibe in der geplanten Höhe des Bodensubstrates mittels Aquariensilikon hinter das Lüftungsgitter geklebt werden und somit verhindern, dass das Bodensubstrat durch das Lüftungsgitter oder beim Öffnen der Terrarientüren nach außen rieselt. Als optimales Zuchtsubstrat und somit auch als Bodengrund hat sich für Riesenkäfer eine Mischung aus Beetlefix 1 und etwas Beetlefix 2 erwiesen welches im Verhältnis 2:1 in das Hälterungsbecken gegeben wird. Einige Klettermöglichkeiten aus Holz oder Kork, etwas Dekolaub auf dem Boden sowie ein wenig Lebendes Waldmoos vervollständigen die Einrichtung und sorgen für das geeignete Mikroklima. Da Hirschkäfer nachtaktive Tiere sind benötigt man keine speziellen Lampen, aber durch (Tages)licht im Raum sollte der natürliche Tagesrhythmus gewährleistet sein. Möchte man seine Tiere in der Aktivitätsphase beobachten, bieten sich spezielle Mondlichtlampen aus dem Terrarienbedarf an. Die Temperatur sollte dem Herkunftsgebiet der Tiere entsprechen und in der Regel zwischen 22 und 28°C betragen. Eine Nachtabsenkung der Temperatur ist sinnvoll, sollte aber nicht deutlich unter 18°C abfallen. Keinesfalls sollte man die Hälterungsbecken mit Heizmatten von unten erwärmen, da dies zur Austrocknung des Bodensubstrates führt und dem natürlichen Verhalten der Tiere widerspricht welche sich bei zu hohen Temperaturen in den kühlen Boden vergraben. Zudem kann es dadurch zum Absterben der Larven kommen, da diese ihren Wasserhaushalt durch ihre Nahrung, das Substrat, ausgleichen. Die Luftfeuchtigkeit sollte im Bereich von 75-85 % liegen und kann durch tägliches Sprühen mit Wasser erreicht werden.
Autoren: Dr. rer. nat. Martin Singheiser, Martin Höhle
Weitere Literaturempfehlungen:
Engelmann, Wolf-Eberhardt & Lange, Jürgen: Wirbellose – Zootierhaltung in Menschlicher Obhut, Verlag Harri Deutsch
Weigelt, Alexander: PraxisRatgeber Riesenkäfer der Gattungen Dynastes und Megasoma. Edition Chimaira, ISBN 978-89973-169-9
Westheide, Wilfried & Rieger, Gunde: Spezielle Zoologie. Teil 1: Einzeller und Wirbellose Tiere, Springer Spektrum Verlag, 3. Auflage, ISBN 978-3-642-34695-8
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