
Käfer
Text:
Martin HöhleFotos: Martin
Höhle, Mashku, Paul Käfer
In Japan gibt es eine schöne Tradition: Bevor Söhne
in das
Halbstarkenalter kommen, schenken Familienmitglieder ihnen ganz kleine
Käferlarven von Riesenkäfern oder
Hirschkäfern. Diese haben eine zum Teil sehr
lange Entwicklungsdauer von, je nach Art, bis zu sieben Jahren.
Für diesen
Zeitraum ist nun der junge Mann für seine Schützlinge
verantwortlich, muss sich
um optimales Nährsubstrat, die richtige Feuchte und optimale
Temperaturen
kümmern.
Verlaufen die Pflege und Versorgung der
Larven dauerhaft gut,
dann stehen die Chancen nicht schlecht, dass sie sich verpuppen und mit
Sorgfalt
und der nötigen Kontinuität in der Aufzucht wird
vielleicht ein besonders
großer Käfer schlüpfen – der Lohn
für eine lange Zeit des Wartens und der
Verantwortung.
Auf jeden Zentimeter Körpergröße
des fertigen Käfers kann
der Pfleger und Züchter nun stolz sein, Lob und Anerkennung
der ganzen Familie
werden ihm gegenüber ausgedrückt und er hat eine
wichtige Lektion für sein
weiteres Leben gelernt – ohne Fleiß kein Preis!
Werte, die leider langsam in der heutigen
Wegwerfgesellschaft in Vergessenheit geraten. Zugleich eine
schöne Methode, um
den eigenen Nachwuchs auf die richtige Bahn zu bringen.

Daher
sollte man sich auch nicht wundern, wenn man in China
und Japan in großen Supermärkten neben Dosenfutter
für Hund und Katze,
grellbuntem Hamsterspielzeug auch Regale mit
Käferzubehör findet. Hier ist man
auf die lange Tradition der Käferhaltung seitens der Industrie
längst eingegangen
und es gibt vom
Beetlejelly
über
Substrate,
Käferterrarien
bis hin zu Präparationssets für abgelebte
Käfer alles, was man braucht
(oder
manchmal auch nicht!)
In Deutschland steckt die Käferzucht und Haltung
noch in den
Kinderschuhen. Ein kleiner Halterkreis ist recht erfolgreich und auch
seltene und
schwierige Käferarten werden zunehmend auch auf der
Terraristika
angeboten. Leider ist der breiten Masse der
Terrarianer
diese Sparte der
Terraristik
bisher entgangen, vom
„Futterrosenkäfer“
Pachnoda
marginata
mal abgesehen. Und dabei ist die Käferhaltung eigentlich sehr
spannend und
nicht wirklich schwer.
Wer den Wunsch hegt, sich mit Käfern zu
beschäftigen steht
zuerst vor der Qual der Wahl. Generell kann in große Arten
wie Herkuleskäfer (
Dynastes
ssp.),
Goliatkäfer (
Goliathus
ssp.),
Dreihornkäfer (
Chalcosoma
ssp.) etc. und kleine
Arten wie Rosenkäfer
( Pachnoda,
Eudicella,
Stephanorrhina,
Protaetia,
u.a.) unterschieden
werden.
Riesenkäfer sind schon

durch ihre
Größe sehr imposant,
zumeist behornt oder haben bewegliche Kopffortsätze mit denen
die Männchen ihre
Kämpfe um Reviere, Futterstellen und Weibchen austragen.
Riesenkäfer haben aber
generell eine erheblich längere Entwicklungsdauer
(bis
zu vier Jahre, durchschnittlich aber 1-2 Jahre) als Rosenkäfer
und Co. (viele
Arten 6 – 12 Monate). Zudem sind die großen Arten
höherpreisiger
als die zumeist leuchtend bunt gefärbten kleinen Arten.
Wer auf einen schnellen Generationszyklus aus ist, sollte
also besser mit kleineren Arten anfangen, was auch für Kinder
interessanter sein
dürfte – in geduldigem Warten sind wir den Asiaten
wohl tatsächlich unterlegen!

Nachdem die Auswahl der Art getroffen
ist, stellt sich nun
die die Frage: Käfer oder Larven kaufen? Auch hier teilen sich
die Meinungen.
Einem Käfer sieht man nur sehr schwer an, ob er jung ist, oder
ob die zumeist
eh recht kurze Lebenszeit (zumeist je nach Art zwischen wenigen Wochen
und zwei
Jahren) fast um ist. Bei Larven ist das erheblich leichter zu
bestimmen. Fast
alle Käferlarven machen drei Larvenstadien durch,
käferhaltersprachlich
als
L1, L2 und L3
bezeichnet. An das
dritte Stadium schließen sich die Verpuppung und der Schlupf
des fertigen
Käfers an. Dieser hat nun seine endgültige
Größe erreicht – Käfer
können als
Imago nicht mehr wachsen!
Allerdings sollte man sich beim Larvenkauf an
seriöse Anbieter
halten, denn nur zu oft bieten zumeist osteuropäische
Verkäufer Arten mit
falscher Bestimmung an. Die Enttäuschung ist dann nach der
Aufzucht groß, wenn
nicht die gewünschte Art schlüpft. Eine Bestimmung
der Art anhand einer Larve
ist selbst für Spezialisten schwierig, eine
Geschlechtsbestimmung allerdings
halbwegs einfach.

Hat man
sich für einen Käfer entschieden, benötigt
dieser
ein geeignetes Terrarium mit einer möglichst hohen Bodenwanne
und einer nicht
zu großen Lüftungsfläche.
Profizüchter nutzen zumeist große
handelsübliche
Plastikstapelboxen, welche an den Griffmulden mit Drahtgaze
abgeschlossen
werden. Beide Haltungsformen haben durchaus ihre Berechtigung.
Je nach Art muss für eine leichte Beleuchtung
gesorgt
werden, welche das Paarungsverhalten vieler Arten stimuliert, jedoch
das
Terrarium nicht zu sehr aufheizen oder austrocknen darf.
Der Boden wird ja nach den individuellen
Bedürfnissen der
Arten zwischen 8 cm und bis zu 30 cm hoch mit einem Gemisch aus
fermentiertem
Laubhäcksel und
weissfaulem
Holzmulch
von Laubbäumen aufgefüllt. Hirschkäfer
brauchen zudem zur Vermehrung spezielle
Holzstämmchen zur Eiablage.
Einige Kletteräste, eine Futterstelle mit Obst oder
Beetlejelly und
vielleicht sogar einige geeignete Pflanzen
vervollständigen die Einrichtung. Zur Kontrolle der Temperatur
und Luftfeuchte
sollten sowohl ein Thermometer, als auch ein Hygrometer nicht fehlen.
Läuft alles gut, so verpaaren sich die neuen
Pfleglinge
schon bald und ausdauernd. Die Weibchen vergraben sich nun viel und
sind
manchmal tagelang nicht an der Substratoberfläche. Zumindest
bei großen Arten
empfiehlt es sich, zu stark treibende Männchen zeitweilig in
ein anderes
Terrarium umzusetzen, damit die Weibchen etwas Ruhe bekommen und
ausreichen
fressen können. Futter muss immer ausreichen vorhanden sein.
Keine Sorge, Käfer
überfressen sich nicht und verfetten auch nicht!
Mit etwas Glück legt das Weibchen kugelrunde
weiße bis
gelbliche Eier ab und startet somit eine neue Generation. Aus diesen
schlüpfen
nach wenigen Tagen winzige L1, also Larven des ersten Stadiums.
Entscheidet man sich aber für den Kauf von Larven,
so muss
man sich als Spontankäufer ausnahmsweise mal keine allzu
großen Vorwürfe
machen. Professionelle Anbieter geben Käferlarven in
ausreichend großen Behältern
mit reichlich Substrat ab, welches noch einige Zeit als Nahrung
ausreicht.
Ist irgendwann fast der komplette Inhalt der
Larvenbox zu
kleinen festen
Kotpellets
umgearbeitet, so sollte
frisches Substrat in der richtigen Mischung gefüttert werden.
Wichtig ist es
hierbei, einen Teil des alten Materials wieder unterzumischen, da
dieses
wichtige Bakterienstämme enthält.
Man hat also, vorausgesetzt man verfügt
über einen geeignet
warmen Bereich im Terrarienraum, immer noch reichlich Zeit, um ein
(oder ein
weiteres) Terrarium für die später
schlüpfenden Käfer zu besorgen und
einzurichten, sofern man seine Wunschart unerwartet ergattern konnte.
Terrarianer
neigen dazu, erst
einmal richtig mit dem „Virus
choleopterae“
infiziert, einige verschiedene Arten in die Haltung und Zucht zu
nehmen, um
sich dann zumeist auf eine bestimmte Richtung festzulegen und sich z.
B. auf
Hirschkäfer zu spezialisieren. Aber auch in der
Spezialisierung gibt es eine
kaum überschaubare Artenfülle.
Erfreulicherweise nimmt die Zahl der aus Nachzucht
verfügbaren Arten stetig zu, so dass nur bei noch nicht
gehaltenen Arten oder
zur Auffrischung der Bestände Wildfänge noch
nötig sind.
Auch wenn einige Arten, wie zum Beispiel aus der Gattung
Pachnoda Probleme in der
dauerhaften Zucht bereiten, so
sind schon wirklich viele Arten in menschlicher Obhut im Bestand
gesichert und
bilden vielleicht einmal eine wichtige Reserve für Spezies,
die in der Natur
durch Habitatzerstörung selten geworden sind.
Wird die Haltung professioneller und die Anzahl der in Zucht
befindlichen Arten bei einem Liebhaber größer, so
kommt dieser um eine gewisse
Organisation nicht umhin. Es wird schnell nötig, Larven in
Boxensystemen
aufzuziehen und ggf. zu katalogisieren. Ein nicht zu
unterschätzendes
Bestandsmanagement ist gefragt, um Arten dauerhaft in der Zucht zu
haben und
nicht versehentlich eine Art auslaufen zu lassen. Schlägt ein
Zuchtversuch
fehl, so kann die entstandene Lücke mit einer leichten
Entwicklungssteuerung
durch Absenkung beziehungsweise Erhöhung der Temperatur bei
einem Teil des
Larvenbestandes
kompensiert
werden. Erfreulicherweise
sind Käfer und ihre Larven wechselwarm und haben eine gewisse
Toleranz im Bezug
auf geeignete Temperaturen.
Manchmal jedoch wollen von einer Art nur Männchen
oder nur
Weibchen schlüpfen – ein Problem, welches den Halter
in eine angenehme
Geselligkeit führen kann. Bedingt durch das Internet und nicht
zuletzt das
Kaeferforum.com
oder Vereine wie die
ZAG
Wirbellose und
DGHT
haben sich
Stammtische und Züchtergrüppchen gebildet, die sich
zum Tauschen und Fachsimpeln
treffen. Erfreulicherweise sind die versierten Käferhalter
somit zu einer sehr
kontaktfreudigen und für Neulinge offenen Gruppe geworden.
Rivalitätsverhalten
oder Neid sind hier fast völlig unbekannt und man versorgt
Anfänger gerne mit
überzähligen Nachzuchten oder Züchtertricks,
damit sich der Erfolg einstellen
kann.
In diesem Punkt sind wir aus unserer Sicht wohl dem
asiatischen Käferprofi in der sozialen Komponente voraus. Wo
man im Land des
Nippon den wundersamen Futterstoff geheim hält, der die Chance
auf den größten
Käfer verspricht, da teilt man hierzulande gerne seine Erfolge
und bietet seine
neueste „Entdeckung“ gerne auch den Freunden an.
Käfer scheinen also auch auf Europäer
förderlich für die
Sozialkompetenz zu wirken….
Haben Sie schon
Käfer gehalten?